20 Jahre Torfkurier, der Film






Hokkaidos überfahren!

Statt Rehe und Wildschweine.

Text: Götz Paschen

Schon wieder eine Autogeschichte! Letzten Monat auch schon! Ja, ich werde mir untreu und passe mich der Lebensrealität der breiten Landbevölkerung an: Vergleichsweise wenig U- und Straßenbahnen. Und Bustaktungen bei denen in Hamburg und Berlin die Massen auf den Straßen randalieren würden. Also Auto fahren. Das aber nicht mal gerecht. Fährt einer ein Reh über den Haufen, hat er ein stattliches Abendessen und noch gut was für die Tiefkühltruhe. Wir Vegetarier sind da völlig ungleich behandelt. Jäger werden mir beipflichten: Nicht der Wolf ist die eigentliche Gefahr für das Wild, sondern der PKW. Die aktivsten Jäger sind die Autofahrer. Meist ohne Jagdschein – der heißt hier Führerschein – aber nicht minder erfolgreich. Bei Dämmerung bis in den Abend hinein klappt es am besten. Kostenmäßig wäre das Wild aus der Supermarkttiefkühltruhe günstiger als der neue Kotflügel. Aber soweit denken die motorisierten Jäger nicht. Jagd ist Stammhirn und Spaßfaktor. Und das soziale Ereignis: Man lernt im Dunkeln an der Landstraße neue Bekannte kennen. Sie können über den Unfallhergang fachsimpeln und haben gewildert ohne Rechtsfolgen. Kein Tierschutzverein wird Ihnen die Hölle heiß machen. Autojagd ist erlaubt. Dass sie das Wildschwein oder Reh nicht mitnehmen dürfen, ist Blödsinn (siehe § 219a StGB).

Ungerechtigkeit
Alles bekannt: Nun aber zum eigentlichen Thema. Wir Vegetarier haben überhaupt nichts davon, dass Rehe, Marder, Wildschweine, Hasen und Kröten die Straßen kreuzen. Die sind uns alle ethisch verwehrt. Was uns interessieren würde, wären straßenkreuzende Hokkaidos, Zucchini, rote Bete, Möhren, Salate, Kartoffelrudel, Tofuwurstparaden, Äpfel … Es würde ja reichen, wenn man sie anfährt und nicht matschplattfährt. Unser Kühlschrank würde wohl wöchentlich einen Hokkaidounfall verkraften. Wir bereiten ihn gern als Ofengemüse zu, mit Kartoffelspalten, Öl und Rosmarinstengeln. Oder als Suppe mit Ingwer und einem Schuss Sahne. Wie gesagt: Wildverzehrer haben es bei der Nahrungsjagd leichter.

Unter Glas
Sie dürfen ja schon froh sein, wenn Sie ein paar Reihen Freilandporree finden und die plattfahren können oder eine Reihe Salat. Und das dann nachher in den Kofferraum verfrachten. Das Niedersächsische Jagdrecht sagt: ‚Wer‘s erlegt, dem gehört’s‘ (§ 129a StGB). Das sollten Sie dem schimpfenden Gemüsegärtner entgegnen, der Sie am Einladen des Porrees zu hindern versucht. Problematisch ist die Jagd in Glashäusern und Folientunneln. Hier ist der Rechtsrahmen noch ungeklärt. Die RVU (Radikalvegetarische Union) sucht noch einen, der bereit ist, einen entsprechenden Musterprozess durchzufechten. Bei den Zufahrten zu unseren Jagdrevieren ist ohnehin noch Nachholbedarf. Soviel Matsch, keine Beleuchtung und im Auseinandersetzungsfall auch keine eindeutige Haltung der Polizei zu unseren Gunsten. Das ist beim Wild viel komfortabler: Geteerte Jagdreviere und freundliche Beamte, die laut Niedersächsischer Gemeindeordnung auch verpflichtet sind, Ihnen beim Verladen der Beute in Ihren Kofferraum zu helfen (§ 166 StGB).

Gleichberechtigung
Wo Sie hinschauen, Mangel an Gleichberechtigung: Schwimmer – Nichtschwimmer. Pupser – Nichtpupser. Roma – Romanisten … und so auch Vegetarier – Wilderer: Bessere Zufahrten, freundliche Beamte, Rechtssicherheit, weniger Waschanlage, mehr Ertrag, mehr Blut, schicke Felle ... Wir von der RVU fordern Rasengittersteine auf Spurbreite in Gemüsefeldern zum Teilüberfahren unserer Beute. Wir wollen endlich auch Schaden anrichten, Beute machen und archaischen Jagdmustern frönen. Unterstützen Sie unsere Forderungen! Besuchen Sie uns im Netz, auf Facebook, Twitter, Furzgewitter und allen übrigen sozialen Melodramen und Schwachmatenforen.

Torftipp: Die Online-Petition finden Sie unter www.rvu.de