20 Jahre Torfkurier, der Film






Ohnmacht oder Selbstwirksamkeit

Die Souveränität in der Situation.

Text: Götz Paschen

Ein Problem ist nichts anderes als die Aufforderung, nach einer Lösung zu suchen. - Und schon dieser Satz kann situationsbedingt der größte Unsinn der Welt sein. Für viele ist ein Problem ein emotionales Ereignis, dass zuerst oder ausschließlich nur berichtet, betrauert und bedauert werden soll. Hier sind schnelle, effiziente und pragmatische Lösungen unerwünscht. Diejenigen wollen ihr Mitgefühl und haben mit dem Problem gar nicht so ein konkretes Problem. Sie erwarten: Zuhören, Empfinden, Anteilnahme. Und nicht: Analyse, Vorschlag, Handlungsalternative. Sie beide sind auf zwei verschiedenen Ebenen unterwegs. Also sollten Sie zuerst einmal herausfinden: Was will Ihr Gegenüber? Lösung oder Liebe?

Lösung
Diese Anteilnahme und Vermeidung von Lösungen sind nicht meine Hauptkompetenz. - Einige Gesprächspartner sind wie ich und wünschen sich meist handfeste Lösungen. Pragmatische. Solche, nach denen direkt etwas passiert: Sie machen sich am besten eine Notiz. Die müssen Sie dann zeitnah abarbeiten. Noch besser: Sie legen sofort los. Lösung suchen, ersten Teilschritt einleiten. Vorgang in Gang setzen und stur und konsequent über alle Stufen bis zum Abschluss verfolgen.

Beispiele
Sie finden sich zu fett: Schuhe anziehen, rausgehen, eine halbe Stunde spazieren. Täglich. - Sie wollen regelmäßig auf Ihrem Instrument üben: Uhrzeit raussuchen. Terminieren. Termin konsequent einhalten. - Sie benutzen unterwegs zu viel Einweggeschirr: Bundeswehrbesteck, Blechteller und –tasse kaufen. In Rucksack oder Handtasche packen. Benutzen. - Sie haben nichts Gescheites zu lesen, wenn Sie irgendwo warten müssen: Gute Lektüre als Dauerbegleiter in Packtasche, Auto, Jackentasche stecken. – Sie schmeißen Ihre Kontoauszüge immer durch die Gegend: Fester Ort und immer Samstag nach dem Frühstück abheften. Sofort ist am besten, geht aber nicht immer. – Ganz großes Kino ist es, wenn Sie sich für alles auch noch feste Rhythmen einrichten. Dann geht Ihnen nichts durch die Lappen. Mit dem Erfolg, dass Ihr Leben bei hohem Volumen eines Tages völlig durchstrukturiert ist. Dann fehlt die Freiheit. Aber auch das ist nichts anderes als ein Problem. Also verschlanken: Arbeitszeit verkürzen, Aufgaben an Familienmitglieder oder Kollegen delegieren. Themen komplett löschen.

Löschen
Viel Zeit bringt es, sich zu fragen: Muss ich das? Sie müssen nicht jeder Einladung folgen. Ebenso müssen Sie auch nicht jede Information verarbeiten. Kanäle wegschalten, zum Beispiel Facebook abmelden. Schon Ihren eigenen Garten müssen Sie gar nicht pflegen: Hängen Sie ein Schild vorne an den Zaun: ‚Naturgarten und Artenschutzreservat‘. Das spart immens Zeit. Bevor Sie sich auf etwas einlassen, prüfen, ob das sein muss.

Agieren
Wenn Sie sich über Zugverspätungen ärgern, machen Sie eine Unterschriftenliste und kleben Sie sie an den Getränkeautomaten. Stiller Ärger macht Magenschmerzen. Formulierter Ärger erleichtert und hat Folgen. Einfach hängen lassen. Dass wird schon wer lesen. Protest ist ohnehin eine gute Idee, der eigenen Ohnmacht zu begegnen. Wenn Sie die Kohlekommission ärgert, bekehren Sie sich selbst, Naturstrom zu kaufen. Haben Sie den schon, bekehren Sie einen Nachbarn. Nehmen Sie den Störern die Kunden weg. Das ist subversiv und konkret. Ohnehin ist alles, was zu Umsatzverlagerung führt, eine der stärksten Waffen im Wandel.

Bequem
Ihnen ist das zu unbequem, die Freunde oder Nachbarn abzuklappern? Dann trinken Sie ein Bier. Schmeißen Sie den Grill an und hauen Sie sich den Bauch voll. Rauchen Sie eine. Fernseher an. Rechner an, YouTube an, Handy an … Das sediert.– Bequemlichkeit und Ohnmacht sind zwei Geschwister. Auch unüberlegte Lösungen, die nichts bringen, sind eine Form von Bequemlichkeit. Wenn Ihre Lösung keine ist, müssen Sie die optimieren. So lange, bis sie eine ist. Ja , so unbequem ist es, lebendig zu sein.

Torftipp: Einfach machen.