20 Jahre Torfkurier, der Film






Spezialisten

Scheuklappen oder breite Wahrnehmung?

Von Götz Paschen

Was für ein Arbeitstyp sind Sie? Spezialist oder Macher? Für die Nerven empfehle ich: Seien Sie Spezialist. Sie haben Ihr Thema drauf. Besetzen ein Arbeitsfeld, das gebraucht wird und werden gefragt. Regelmäßig stellen Sie klar, dass nur eins nach dem anderen geht. Was stimmt. Was aber auch nicht stimmt. Die höhere Arbeitsdichte unserer Zeit besteht auch aus der Gleichzeitigkeit von Herausforderungen. Das war bei unseren Eltern und Großeltern noch anders. Wenn Ihnen abends jemand auf den Zettel schreiben würde, was Sie tagsüber gemacht haben, sähe das entspannt zu erledigen aus. Diesen Zettel von abends hätte ich gern morgens. Beschwingt würde ich die Sachen erledigen und immer gut im Rennen liegen, gegenüber meinem Tag. Ich mache auch exakt nur das. Aber gleichzeitig jongliere ich mit den Themen, die ebenfalls nach vorne wolle. Räume Sie wieder nach hinten und bringe im Hinterkopf immer die übrigen Notwendigkeiten in passende Reihenfolge.


Der Macher
Das ist das Kopfkino des Machers. Überall zugange, aber nie drei Stunden am Stück an einer Sache. Der deckt nicht nur seine Bereiche ab, sondern auch die anderen, die erledigt werden müssen. Ganz anders dagegen der Spezialist: Der blendet alles aus. Scheuklappen auf, Randakustik ausgeschaltet. Der macht stur eins nach dem anderen. Der erledigt seine Arbeit: gewissenhaft, akkurat und genau. Der reagiert auch völlig genervt auf die kleinste Unterbrechung. Die stört ja schließlich. Die stört den Macher zwar auch, aber der ist ja dafür da, den Laden am Dampfen zu halten. Der Spezialist nicht. Der hat seine Spezialaufgabe und wird oft sogar noch abgeschirmt. Auch gegen Beeilung wehrt er sich erfolgreich. Es soll ja schließlich ordentlich werden. Und das dauert seine Zeit. Simultan ist für ihn ein unerhörtes Fremdwort. Und Fachkompetenz die erfolgreiche Selbstverteidigung seiner meist eher schwachen Nerven.

Strategien
Neigen Sie zur Gesamtverantwortung? Bauen Sie sich Konzentrationszonen in den Arbeitsalltag ein. Die Antworten liegen im Bereich der Paradoxien: Seien Sie introvertierter Spezialist und Macher. Wenn das gleichzeitig nicht geht – was ich weiß – dann geht es eben zeitversetzt. Arbeitsphasen der Öffnung und der Einkehr im vernünftigen Wechsel. Manchmal gehört in so eine Einkehrphase auch einfach nur der Arbeitsauftrag, den gesamten Schreibtischhaufen/das E-Mail-Postfach stur von oben nach unten wegzumachen. Oder die Hälfte davon. Nach dem Motto Rhythmus ersetzt Kraft, kann ich jedem nur raten, bloß keine chaotischen Abläufe zu pflegen. Und: Oft hilft Planung. Mal fix auflisten, sortieren und vor allem aussortieren (!), das sorgt für maximale Entspannung. Das ist ein Rettungsszenario für Macher. Oder: Sie werden ein Spezialist. Das ist Ihre Chance! Dann können Sie auf all diese Strategien verzichten. Sie machen Ihr Ding und das dauert so lange wie es dauert.

Epilog
In der Ruhe liegt die Kraft. Und was die Kraft nicht in der Ruhe schafft, dass bleibt eben liegen. Und zwar für die, die mit der Ruhe nicht so intensiv per ‚du‘ sind, Wichtig: Sie müssen der Welt erklären, wie wichtig gerade Ihre Aufgabe ist, damit Ihnen der entsprechende Freiraum eingeräumt wird.

Torftipp: Paradoxien produktiv leben.


Infokiste:
Sinnfrage
Wie dankbar können wir all dem Stuss sein, der uns tagsüber in Atem hält. Der vermeidet die Sinnfrage. Machen statt denken. Man hüte sich vor der Idee, Grundsätzliches anzuzweifeln. Was wäre, wenn doch nicht alles so wichtig wäre, was wir dafür erachten? Was ist schon wirklich noch wichtig, wenn Sie und Ihre Familie gesund und munter sind? Weltfrieden sicherlich. Aber doch nicht banaler Zettelkram und E-Mails. Sinn macht es, öfter Abstand zu nehmen von der Sonderrealität ‚Kleiner Irrsinn am Arbeitsplatz‘. Frei nach der Binsenweisheit: Hat sich auf dem Totenbett jemals einer darüber geärgert, nicht genug am Schreibtisch gesessen zu haben?